bearbeitet von: Evelyn Roth, Katharina Schuh
Die Literatur-Netzwerk-Analyse (LiNA, Trilcke 2013) wendet die quantitativen Methoden der Sozialen-Netzwerk-Analyse auf literarische Texte an. In einem ersten Experiment wurden hierfür mithilfe des Tools VISONE Figurennetzwerke visualisiert, die auf relationsbasierten Daten fußen. ‚Relation‘ ist ein Schlüsselbegriff, der die Analyse von Figurenkonstellationen verändern kann.
Literatur
Die im Oktober 2014 begonnene Gruppenarbeit stand unter der Fragestellung des Seminars, die realistische Epochenschwelle anhand digitaler Tools auszuloten. Theodor Fontanes Grete Minde (1879) diente als erster Text für das Experiment zur Visualisierung von Figurennetzwerken. Die erste Einteilung, die Netzwerke kapitelweise anzufertigen, stellte sich als irreführend heraus. Der Text musste per Hand in sinnvolle Abschnitte, Szenen, eingeteilt werden. Als Szene wurde eine statische Figurenkonstellation (ohne Abgang und Auftritt) definiert. Für jede Szene wurde eine Adjazenzmatrix erstellt, in welche die in der Szene direkt oder indirekt anwesenden Figuren und ihre Verbindungen untereinander eingetragen wurden.
Netzwerk
Diese Adjazenzmatrizen wurden zur Visualisierung der Figurennetzwerke in VISONE eingespeist. Die Figuren erhielten Nodes, deren Relationen durch Edges visualisiert wurden. Während die Adjazenzmatrix nur die Information enthält, ob eine Verbindung besteht (1) oder nicht (0), wurden zu Verfeinerung der Beziehungen die Links zwischen den Nodes von Hand grafisch bearbeitet. Es wurden drei Typen von Relationen ausgezeichnet: Relation durch Dialog, Relation durch Anwesenheit, Relation durch Gedanken. Die Visualisierung der Szenen durch Animation zeigt ein dynamisches Netzwerk, das sich im Verlauf des Plots immer wieder verändert, bewegt und arbeitet – the net is working.
Analyse
Anhand der festgelegten Visualisierung konnten wiederkehrende Formen entdeckt werden. Aus diesen Formen lässt sich in einigen Fällen die Art der Szene ablesen (bspw. Dialog und Monolog). Ein erster interessanter Punkt ist, dass sich der Plot in seiner groben Struktur durch die Figurennetzwerke rekonstruieren lässt.
Ausblick
Die empirischen Daten, die verwendet wurden, betreffen in dem Experiment nur die Beziehungen, doch der Text liefert weitere empirische Daten über die Attribute der Figuren, welche noch nicht mit einbezogen wurden. Erste Versuche, die Relevanz der Figuren über die Häufigkeit der Erwähnung zu bestimmen, zeigten, dass Quantität nicht zwingend mit Relevanz verbunden ist. Wie sich die Relevanz der Figuren „messen“ lässt, wird eine der nächsten zu bearbeitenden Fragen sein.